Tunis 12.Dezember
1999, 16:31 MEZ, ausgerechnet die Tunesische Torwartlegende Chokri EL Ouaer
beendet mit seinem Fehlschuß ein auch ohne Verlängerung zweieinhalb
Stunden langes Drama im Endspiel um den wichtigsten Pokal im afrikanischen
Klubfussball: dem Afrikapokal der Landesmeister, oder vielmehr, wie der
Wettbewerb analog seinem Vorbild in Europa jetzt heißt: der Afrikanischen
Champions League.
Das tunesische Dream-Team,
eine Mischung aus hervorragenden tunesischen Spielern und einigen afrikanischen
Stars, scheiterte damit genauso an der marokkanischen Torverhinderungsmaschine
von Raja Casablanca wie zuvor schon in den Gruppenspielen der Mitfavorit
Al Ahly Kairo, das Team des deutschen Trainers Reiner Zobel.
Das Finale der Afrikanischen
Champions League wird im Gegensatz zu Europa in Hin- und Rückspiel
ausgetragen. Es zählt auch hier die Auswärtstorregel, steht es
allerdings im zweiten Endspiel nach 90 Minuten pari, entscheidet sofort
ein Elfmeterschießen ohne Verlängerung. Dieses hat dazu geführt,
daß von den 10 Finalen der 90er Jahre 5 per Elfmeterschießen
entschieden wurden. Raja Casablanca brachte dabei das Kunststück fertig
alle seine 3 Finalteilnahmen (1989,1997 und nun 1999) auf diese Weise siegreich
zu beenden.
Das Hinspiel vor zwei
Wochen war von Vorsicht geprägt und hatte nicht unerwartet mit einem
0:0 geendet. Im Rückspiel nun war von Anfang an eine gewisse Spannung
zu spüren, die in der 12. Minute kulminierte: Der Schiedsrichter glaubte,
eine Tätlichkeit eines marokkanischen Abwehrspielers abseits vom Ball
aber im eigenen Strafraum gesehen zu haben und entschied auf rote Karte
und Elfmeter für Espérance. Dies führte zu Tumulten auf
dem Spielfeld und die Marokkaner mußten sich einige Minuten in der
Kabine beruhigen. Das Match wurde nach fast 15 Minuten Unterbrechung mit
dem Elfmeter fortgesetzt, den der marokkanische Torhüter parierte.
Trotz einiger weniger
gefährlicher Konter von Raja Casablanca dominierte Espérance
das Spiel völlig und spielte etliche Chancen konsequent über
die Flügel heraus. Doch die Tunesier, die ihren kongolesischen (DR
Congo) Spielmacher Nsilulu vermißten, eine fast perfekte Kopie des
nigerianischen Ex-Frankfurters Okocha, schafften es nicht, den Ball über
die Linie zu bringen, so daß auch nach 180 Minuten noch immer kein
Tor gefallen war.
Im Elfmeterschießen
war den Tunesiern der Druck deutlich anzumerken, außerdem operierte
der marokkanische Torhüter ungestraft mit derselben Taktik mit der
schon die amerikanische Frauentorhüterin das Frauen-WM-Finale entschieden
hatte: Er lief dem entscheidenden fünften Schützen der Tunesier
ein paar Schritte entgegen.
Raja Casablanca ist
damit überraschenderweise der afrikanische Teilnehmer an der Klub-WM
im Januar in Brasilien und nicht wie in großen Teilen Afrikas erhofft,
die mutmaßlich stärkste Mannschaft des Kontinents Espérance
Tunis oder aber das jugendliche Wunderteam von ASEC Abidjan. Eine Prognose
über ihre Chance ist schwer vorzunehmen, nur selten mußte Raja
aus seiner Defensive kommen. Mit 4:2 Toren in 6 Spielen gewann man die
Gruppe, in zwei Finalspielen kam man gar ohne Tor aus. Ein Mal war man
in Rückstand - und verlor 0:1
Eine besondere Erwähnung
ist der Trainer der Marokkaner wert: Oscar Fullone, ein Argentinier, gewann
bereits letztes Jahr die Champions League mit ASEC Abidjan aus der Elfenbeinküste.
Der marokkanische Klub, der lange im Schatten des anderen Klubs aus Casablanca,
Wydad, stand, wird bei der Klub-WM auf Al Nassr aus Saudi-Arabien (arabische
Teams sind oft sehr unbequem für afrikanische), Gastgeber Corinthians
Sao Paulo und Real Madrid auseinandersetzen. Keine beneidenswerte Aufgabe,
die aber mit 2.5 Millionen Dollar Antrittsgeld versüßt werden.
Eine Summe, die einen weiteren Meilenstein in der afrikanischen Fussballgeschichte
markiert. Mit der afrikanischen Champions League eingeführt hat sich
die Betrachtungsweise des Fussballs jetzt auch hier verändert. Wurde
früher ausschließlich über den Sport bzw. den zu gewinnenden
Pokal gesprochen, trat mit dieser für afrikanische Verhältnisse
unglaublichen Gewinnsumme zum ersten Mal das Geld in den Vordergrund.
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